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digitalien.org — Stefan Knecht
Kennzeichen einfacher Situationen:
Auch in der Arbeit mit IT-Systemen gibt es viele deterministische Kontexte, bei denen diese Struktur hinreichend ist.
Agile Organisationsprinzipien bringen bei definierten Prozessen ohne Abweichungen und bei geringer Flexibilität wenig Vorteile. Deterministische Planung ist dann effizient und genau richtig.
Die Verkabelung eines Flugzeugs ist kompliziert. Es dauert lange herauszufinden, wie alles verbunden ist. Würde man selbst diese Verkabelung lange genug untersuchen, re-engineeren, dann könnte man mit (annähernder) Sicherheit sagen, was jeder Schaltkreis bewirkt und wie man ihn steuert: das System ist letztlich verstehbar, der Aufwand vielleicht prohibitiv.
Kennzeichen einer komplizierten Situation:
Komplizierte Kontexte können nicht mehr durch einen einfachen Satz von Anweisungen oder Rezepte erfasst werden. Zur Lösung komplizierter Probleme ist oft eine lange Ausbildung, tiefes Verständnis oder sogar ein ganzes Team von Fachexperten nötig.
Wenn es wichtig ist, genau zu verstehen wie etwas Kompliziertes funktioniert, dann lohnt der Aufwand für Recherche, Beobachtung und Studium, um etwa ein detailliertes Diagramm zu erstellen.
Ein Teamleiter ist gut beraten, vor einer wesentlichen Entscheidung Sicht und Rat des Teams oder einzelner Experten einzuholen. In komplizierten Umgebungen kann kaum einer alles wissen.
Die Gefahr etwas Wichtiges ausser Acht lassen und verhängnisvolle Fehler zu machen ist größer, je vernetzter die Zusammenhänge und Abhängigkeiten sind.
In einem Beispiel für ‘komplexe Systeme’ sitzen Besatzung und Passagiere im Flugzeug und versuchen vorherzusagen, was während des Flugs passieren wird.
Plötzlich wird, etwa duch einen technischen Fehler, aus ‘kompliziert’ eine ‘komplexe’ Situation. Man kann das bisherige Leben aller Beteiligten eingehend studiert haben, ohne vorhersagen zu können, wie sie in einer komplexen Situation interagieren.
Man kann Vermutungen anstellen, doch kaum Sicherheit erreichen: es gibt zu viele Variablen, und ihr Zusammenhang bleibt dem Laien weitgehend unklar.
Kennzeichen einer komplexen Situation
Und es heißt auch, dass man nie für alle Eventualitäten vorausplanen kann. Es sind ständig von allen Beteiligten Entscheidungen unter Risiko oder Unsicherheit gefordert. Es kann kein Handbuch geben, das zu befolgen ist.
Es reicht in komplexen Situationen auch nicht aus, wenn Mitarbeitende den Teamleiter beraten und dieser entscheidet. Das würde einen Teamleiter sofort zu einem hoffnungslosen Flaschenhals für Informationen und Entscheidungen machen. Jedes Teammitglied muss stattdessen Initiative ergreifen, den anderen helfen und ständig Entscheidungen treffen und sie kommunizieren.
Damit es überhaupt eine gemeinsame Ausrichtung, ein alignment, gibt, sind gemeinsame Werte, Prinzipien, Ziele und Strategien nötig.
Erst dieses alignment ermöglichst die Autonomie von Teams und Mitarbeitenden.
Auch dazu gibt es viel Schlaues. Ein bekanntes Modell, das gemäße Vorgehen zu finden, ist das etwas sperrige Cynefin-Modell. Wie häufig: sein Nutzen liegt weniger im Modell selbst als in der Diskussion und der Gruppendynamik.
Auch dazu gibt es einen Beitrag: Cynefin als Werkzeug für Entscheidungen ➚
Die Beispiele für die Situationstypen und die Ideen für die Visualisierung sind entlehnt aus Westley, F., Zimmerman, B., & Patton, M. (2007). Getting to Maybe: How the World Is Changed (Reprint). Toronto: Vintage Canada.