digitalien.org — Stefan Knecht

SAFe — Vertrauen, Glauben und magisches Denken

Liefert SAFe tatsächlich so erhebliche Verbesserungen wie behauptet? Her mit den Rohdaten, da schauen wir doch gerne unter die Haube.

Im Juni 2024 und nach einer Zusage von Marc Rix (SAFe principal consultant) die Rohdaten der spektakulären Verbesserungen mit SAFe einer neutralen Prüfung offen zu legen, kehrt Ernüchterung ein. Es gibt keine Daten.

 

Mithilfe SAFe und wenn Unternehmen machen, was die Rezepte vorschlagen, sollten erhebliche Steigerungen in Unternehmen möglich sein: 

 

  • Markteinführungen sollen um 30–75 % flotter erfolgen
  • Qualität soll um 25–75 % zunehmen
  • Produktivität nimmt um 20–50 % zu
  • Engagement der Mitarbeitenden wächst um 10–50 %
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Das SAFe Nutzenversprechen

Das sind atemberaubende Aussichten. Jeden Prozessoptimierer, jede Controllerin muss es da vom Drehstuhl reissen! So beeindruckend diese Zahlen klingen, so fragwürdig ist leider ihre Herkunft. Die Daten stammen aus etwa fünfzig sogenannten self-assessments[1], also Selbsteinschätzungen von Unternehmen, die SAFe einsetzen. Keine Randomisierung, kein Kontrollversuch, keine Vergleichsgruppe — ob man vielleicht die Rohdaten genauer betrachten könne …? Fehlanzeige. Wer nachdrücklich recherchiert, erfährt nach angemessener Wartezeit: Mehr Belege gibt es nicht.

 

Die Erfolgszahlen von SAFe beruhen also auf Interviews, deren Methodik freundlich als informell beschrieben werden kann. Die Daten wurden nie unabhängig geprüft. Das hindert Scaled Agile Inc. — das Unternehmen, dessen einziges Produkt SAFe ist — nicht daran, seine Behauptungen als quasi-empirische Wahrheiten zu vermarkten. Das Problem? Interessenkonflikte. Scaled Agile Inc. kontrolliert sowohl das Framework wie die Erfolgsmessung.  SAFe lebt von Vertrauen – Vertrauen darauf, dass qualitative Selbsteinschätzungen objektiv sind, dass Selbstselektion keine Rolle spielt und dass Berichte über Erfolg keine Wunschprojektionen darstellen. Ohne belastbare Daten bleibt SAFe nur ein breitbeiniges Versprechen.

 

Vielleicht liegt es daran, dass in der Forschung SAFe keine Rolle spielt? Die Plausibilität der behaupteten Verbesserungen liegt auf einem Niveau, das selbst ausgebuffte Werbeagenturen beschämen sollte. SAFe verkauft Hoffnung auf Transformation zäher Gewohnheiten, geliefert wird vor allem Storytelling. Das ist geschickt doch weder aufrichtig noch evident. Für rational agierende Unternehmen, die mit Zahlen und Fakten statt mit Glauben und Hoffnung überleben, bleibt der tatsächliche Nutzen so vage wie die Methodik, die ihn belegen soll.

Alles andere ist magisches Denken.

captcha magisches denken

 


  1. siehe https://scaledagile.com/insights-customer-stories/  ↩