digitalien.org — Stefan Knecht

Das Agile Manifest in 4 Werten und 12 Prinzipien (und eine Kurzfassung)

Um 2000 gewann ‘Agilität’ an Aufmerksamkeit, verschiedene Autoren veröffentlichten Varianten und tasteten sich gemeinsam an ein Verständnis heran. Alle kamen aus der Softwareentwicklung, waren erfahrene Pragmatiker und teilten teils leidvolle Erfahrungen.

Was die siebzehn alle nicht mehr wollten, vereinte sie: hierarchische Befehlsketten, Wasserfall-Methoden und deterministisches Projektmanagement.

Die 17 Autoren des Agilen Manifest

 

Es formte sich ein gemeinsamer Wertekanon und Praktiken agiler Softwareentwicklung und daraus das agile Manifest.

Das Agile Manifest ist kurz genug um gelesen zu werden und der Startpunkt für vieles.

4 zentrale Werte

  1. Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
  2. Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation.
  3. Kooperation mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen.
  4. Reaktion auf Veränderung ist wichtiger als Planerfüllung.

Die Verfasser geben einen wichtigen Satz mit:

»Obwohl wir auch die Begriffe auf der rechten Seite als wertvoll erachten, bewerten wir die Begriffe auf der linken Seite als wichtiger.«

Es gibt also kein entweder/oder, sondern eine Verschiebung des Fokus. Wie weit die Umsetzung in eine Richtung ausschlägt, ist ausschließlich kontextabhängig. Als einleuchtendes Beispiel: in der Medizintechnik geht es um Leib und Leben und Dokumentation ist dort wichtiger als bei flüchtigen Online-Games.

'Agil' bevorzugt die rechte Seite

12 Prinzipien

  1. Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufriedenzustellen.
  2. Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen heißen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
  3. Liefere funktionierende Software regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne.
  4. Fachexperten und Entwickler müssen während des Projekts täglich zusammenarbeiten.
  5. Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen, und vertraue darauf, dass sie die Aufgaben erledigen.
  6. Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist die direkte Kommunikation.
  7. Funktionierende Software ist das wichtigste Maß für den Arbeitsfortschritt.
  8. Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten kontinuierlich ein konstantes Entwicklungstempo beibehalten können.
  9. Ständiges Augenmerk auf technische Exzellenz und gutes Design fördert Agilität.
  10. Einfachheit – die Kunst, unnötige Arbeit zu vermeiden – ist essenziell.
  11. Die besten Architekturen, Anforderungen und Designs entstehen durch selbstorganisierte Teams.
  12. In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann, und passt sein Verhalten entsprechend an.

Die Kurzfassung

Sicherheitshalber hier noch einmal eine Kurzfassung der 12 Prinzipien in prägnanten Einzelbegriffen. Das ist der Kern um den es den Autoren ging.
 
Agil: Werte Haltung Praktiken

Das Schöne ist:

Diese Prinzipien lassen sich unabhängig von Methode, Framework oder Vorgehensmodell und Kontext immer anwenden, wenn komplexe Probleme gelöst werden sollen.

  • Zusammenarbeit
  • Wissensarbeit
  • Iterationen
  • Flow
  • Prüfen und Anpassen
  • Transparenz
  • Entdecken und Liefern
  • Autonomie
  • Verantwortlichkeit
  • Ausrichtung
  • mache weniger, dafür häufiger
  • Kundennutzen = geschäftlicher Nutzen
  • arbeite in kleinen Schritten
  • arbeite in einem Team mit ausgewogenen Fähigkeiten
  • prüfe regelmässig, was zu verbessern ist
  • übe radikale Transparenz
  • ‘geh hin und sieh selbst’
  • betrachte bestehende Belohnungsstrukturen kritisch
  • teste hochriskante Hypothesen zuerst
  • Lernen ist ein ständiger, begleitender Vorgang
Die Kurzfassung ist adaptiert nach Gotthelf, Jeff. Aug 2018. „Principles That Work with Any Methodology“. via https://twitter.com/SimonSaysCollab/status/1008606864802701312.

Nicht im Manifest steht, dass es eine Haltung als notwendige Bedingung für agiles Arbeiten braucht. Die Haltung ist eine Folge des Tuns, keine Voraussetzung.

Glauben Sie nicht?

Seziert ist das in einem weiteren Beitrag ➚ Das ‘agile mindset’? Kann weg. Und das ‘growth/fixed mindset’ gleich mit.